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September 2023

Erhöhung Referenzzinssatz und Mietzins – was tun?

Erstmals seit 2008 ist am 1. Juni 2023 der hypothekarische Referenzzinssatz angestiegen. Die Anpassung des Referenzzinssatzes von 1.25 % auf 1.5 % kann spürbare Konsequenzen mit sich bringen. Denn der Anstieg um 0.25% kann Vermieter:innen berechtigten, eine Mietzinserhöhung um 3% vorzunehmen (Art. 13 VMWG).

Quartalsweise gibt das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) den hypothekarischen Referenzzinssatz bekannt. Nachdem der Referenzzinssatz im Juni gestiegen ist, bleibt er per 1. September 2023 zwar bei 1.5%. Gleichwohl beschäftigt das Thema der Mietzinserhöhung (und Anfechtung) die Mietrechtspraxis aktuell stark. Die Schlichtungsbehörden für Miete und Pacht verzeichneten seit Juni eine Vielzahl von Anfechtungen und sind stark ausgelastet.

Formularpflicht

Eine Mietzinserhöhung kann seitens der Vermieterschaft auf den nächstmöglichen Kündigungstermin erfolgen. Die Vermieterschaft hat zu berücksichtigen, dass die Mietzinserhöhung gegenüber der Mieterschaft zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitzuteilen und zu begründen ist. Bei der Miete von Wohnungen beträgt diese Frist in der Regel drei Monate, bei der Miete von Geschäftsräumen von Gesetzes wegen mindestens sechs Monate.

Anfechtung der Mietzinserhöhung

Betroffenen Mieter:innen ist zu empfehlen, mitgeteilte Mietzinserhöhungen genau zu prüfen. Denn nicht alle Mietzinserhöhungen sind zulässig. Unzulässige Mietzinserhöhungen liegen etwa vor, wenn die Mietzinserhöhung:

  • nicht mit dem vorgeschriebenen Formular des Kantons mitgeteilt wird;
  • nicht begründet wird;
  • gleichzeitig mit einer Kündigung oder der Androhung einer solchen ausgesprochen wird;
  • vor dem nächstmöglichen Kündigungstermin erfolgen soll. Zudem ist zu beachten, dass in manchen Mietverträgen längere Kündigungsfristen oder Mindestmietdauern enthalten sind.
  • infolge des um 0.25% angestiegenen Referenzzinssatzes mehr als 3 % des Nettomietzinses beträgt;
  • bei einem Mietvertrag erfolgt, dessen Mietzins bei Vertragsabschluss oder der letzten Mietzinsfestlegung auf einem höheren Referenzzinssatz als auf 1.25% basiert. Hierzu ist die letzte Mietzinsfestlegung bzw. wenn eine solche nie vorgenommen wurde, der Mietvertrag zu konsultieren.

Ein Blick in den Mietvertrag und eine Erstbeurteilung mit den Berechnungstools des Mietverbandes oder des Hauseigentümerverbandes lohnt sich für Betroffene in jedem Fall. Oft werden bei Mietzinsanpassungen auch Kostensteigerungen berücksichtigt oder es wird ein Teuerungsausgleich vorgenommen, was unter Umständen zulässig sein kann. Solche Anpassungen bedürfen einer konkreten Betrachtung im Einzelfall. Die Schlichtungsbehörde Miete und Pacht des Kantons Luzern orientiert sich bei geltend gemachten Kostensteigerungen an der Praxis des Bundesgerichts, wonach Kostensteigerungen grundsätzlich konkret zu belegen sind und keine Pauschalen anerkannt werden. Gleichwohl wird bei Vergleichsverhandlungen oftmals von einer Pauschale von 0.25% ausgegangen.

Verfahren

Mieter:innen können Mietzinserhöhungen durch die Schlichtungsbehörde für Miete und Pacht überprüfen lassen. Dafür muss die Mietzinserhöhung innert 30 Tagen nach Mitteilung angefochten werden. Für das Schlichtungsverfahren werden keine Kosten erhoben. Wird im Rahmen des Schlichtungsverfahrens keine Einigung erzielt, so müssen Vermieter:innen innert 30 Tagen an das Gericht gelangen (Art. 209 Abs. 4 ZPO), ansonsten gilt der bisherige Mietzins weiter. Die Schlichtungsbehörde unterbreitet den Parteien bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit Mietzinsanpassungen oft einen Urteilsvorschlag. Falls eine Partei den Urteilsvorschlag ablehnt, hat sie beim Gericht Klage einzureichen, ansonsten der Urteilsvorschlag gleichwohl als anerkannt gilt (Art. 211 ZPO).

Nicht betroffene Mietverträge

Der Mietzins rund der Hälfte aller Mietverträge in der Schweiz basiert auf dem Referenzzinssatz. Dem Referenzzinssatz jedoch nicht unterstellt sind befristete Mietverträge, Mietverträge mit Indexklauseln oder Staffelmiete, Mietverträge mit staatlich verbilligten Mieten (oft bei Wohnbaugenossenschaften) sowie luxuriöse Wohnungen und Einfamilienhäuser mit sechs oder mehr Zimmern.

Mit dem Anstieg des hypothekarischen Referenzzinssatzes entstehen vielfältige rechtliche Fragestellungen, deren Abklärung für Vermieter:innen und Mieter:innen lohnenswert sein kann. Die Spezialist:innen von Rudolf & Bieri verfügen über Expertise und Erfahrung im Zusammenhang mit Mietzinserhöhungen und unterstützen Sie gerne bei der Durchsetzung Ihrer Rechte.

Der Beitrag hat ausschliesslich einen informativen Zweck und kann eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Die Rudolf & Bieri AG lehnt jede Haftung für diese Informationen ab. Bei Bedarf beraten Sie unsere Spezialist:innen gerne persönlich.

4. September 2023, Christian Näpflin & Jonas Grimm

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